Der Kampf ums Überleben
Im Norden von Uganda erleben Eli und seine Nachbarn schlaflose Nächte. Sie machen sich Sorgen: Was werden sie essen, wenn es kaum etwas zu ernten gibt? Werden extreme Wetterbedingungen noch mehr zerstören? Gibt es genug Wasser? Steigen die Preise weiter? Werden die kriminellen Banden auch sie überfallen?
Elis Befürchtungen wurden Realität. Im April 2022 wurde er ausgeraubt. In der Nacht, als es geschah, hörte er das Knacken und Knirschen von trockenen Ästen. Er wurde geweckt und sein Herz pochte. Er wusste, wer gekommen war und warum. Den Überfall konnte er nicht verhindern. Das wusste er. Ihm blieb nichts anderes übrig, als um sein Leben zu rennen. Vor Kurzem hatten die Räuber damit begonnen, Vieh und Haushaltsartikel zu stehlen und die männlichen Familienmitglieder zu töten. Damit wollten sie Vergeltungsmaßnahmen verhindern.
Eli stürmte aus seiner Manyatta und sprang über den Zaun, als die Täter immer näher kamen. Wo er lebte, gab es keinen Strom und auch kein Licht. Er stolperte, weil es stockdunkel war, und landete hinter einem Busch. Dort verbrachte er die Nacht. Die Männer lachten laut, als sie Eli alles stahlen, was er besaß.
In der Region leben die Menschen in strohgedeckten Hütten, den Manyattas. Ein Manyatta-Hof besteht aus mehreren kleinen Hütten. Diese liegen innerhalb eines Zaunes, der aus Stöcken gefertigt ist und nur über einen schmalen Eingang verfügt. Diese kleine Zufahrt macht es den Dieben schwer, die Hütten zu betreten. Trockene Äste verdecken die Zufahrt. Dieses Tor rettete Elis Leben. Denn das Knacken und Knirschen dieser Äste weckten ihn in der Nacht des Überfalls.
Viehdiebe machen die Region immer unsicherer. Diese Männer überfallen die Dörfer mit Waffen und stehlen das Vieh und die Lebensgrundlage der Menschen. „Im März hörten wir zum ersten Mal davon, dass sie nun auch Haushaltsgegenstände mitnehmen und die Männer in den Familien töten, damit sie sich nicht rächen“, erzählt Deborah, eine Mitarbeiterin des Kinderzentrums der lokalen Partnerkirche von Compassion. „Die Unsicherheit und steigenden Preise machen es hier sehr schwierig. Mehr Menschen leiden Hunger. Jetzt haben die Banden es zu ihrer Gewohnheit gemacht, Menschen zu überfallen und auszurauben, um nach Essbarem zu suchen.”
„Sie nahmen mir alles!“
Als der Morgen anbrach, traute sich Eli zu seiner Hütte zurückzukehren. Er schaute nach, ob er etwas von seinem Hab und Gut retten konnte, aber er hatte nichts mehr. Ihm wurden 58 Hühner gestohlen, Kleidung, ein 20-Liter-Kanister mit einem lokalen Braugetränk, Lebensmittel und andere Haushaltsartikel. Seine Ersparnisse waren sein größter Verlust: 158 Dollar aus seinem Geschäft.
Seit Elis 5-jährige Tochter Alice am Compassion-Patenschaftsprogramm teilnimmt, hat sich das Leben der Familie verbessert. Von den zwei Geldgeschenken, die der Pate von Alice der Familie gemacht hat, eröffnete Eli ein kleines Geschäft.
„Das kleine Geschäft wurde größer und hat meiner Familie wirklich geholfen, aber die Diebe nahmen mir alles“, erzählt Eli. Er möchte gerne in die Stadt ziehen, weil das Leben dort sicherer ist. Darauf sparte er. Jetzt hat er nichts mehr.
Vor dem Überfall konnte Eli für seine Familie sorgen, danach änderte sich alles. Der Hunger, unter dem seine ganze Familie leidet, zieht sich durch das ganze Land.
„Die Preise sind in die Höhe geschossen. Ich muss mindestens 5,30 Dollar für meine Familie ausgeben, aber ich kann es mir nicht leisten, weil alles teurer geworden ist“, erzählt Eli besorgt. „Als mein kleines Geschäft am Laufen war, konnte ich meine Familie versorgen. Jetzt versuche ich ein bisschen Geld mit den Fahrten mit dem Motorrad-Taxi zu verdienen. Das Geld reicht nicht aus. Manchmal essen wir nur einmal am Tag.“
Eli war dankbar, dass ihm und seiner Familie nach dem Überfall Lebensmittel durch Compassion zur Verfügung gestellt wurden. Er erhielt 20 kg Mehl und 13 kg Bohnen.
„Ich kann meine Familie kaum versorgen.“
Eigentlich ist Sorghum, eine spezielle Hirse-Gattung, eines der Hauptnahrungsmittel. Der Boden in der Region ist für andere Pflanzen nicht fruchtbar. Deswegen können dort nicht genug Lebensmittel für die Menschen angebaut werden. Ein Großteil kommt aus den benachbarten Dörfern.
„Wir haben Regen im März erwartet, aber er kam erst im April. Sobald die Menschen begannen zu pflanzen, blieb der Regen aus. Die Samen keimten nicht. Die Landwirte konnten mit dem Anbau erst mit dem zweiten Regen im Mai starten“, sagt Deborah, eine Mitarbeiterin aus dem Kinderzentrum.
„Früher habe ich ein Kilo Sorghum für 0,81 Dollar gekauft. Jetzt kostet es 2,15 Dollar“, führt Eli fort. Die Preise schossen aufgrund des Ukraine-Konfliktes in die Höhe. Das machte alles noch schwieriger. Offiziellen Angaben zufolge lag die Inflation bei 6,2 Prozent. Auf dem lokalen Markt sind die Preise um 80 Prozent gestiegen, bei einigen Produkten sogar um 100 Prozent oder mehr.
Viele Menschen leiden Hunger und sind verzweifelt. Früher war dienstags Markttag. Ein Ort, an dem man fröhlich war, sich mit Freunden traf und mit Lebensmitteln nach Hause ging. Jetzt leiden auch die Geschäfte auf dem Markt. Aufgrund der Überfälle mussten viele ihren Marktstand aufgeben, weil sie nichts mehr zum Verkauf anbieten konnten. Und die noch etwas verkaufen könnten, bleiben auf ihren Sachen sitzen, weil die wenigsten sich etwas leisten können.
Eli begann zu Hause etwas Gemüse anzubauen. Durch das ungünstige Klima konnte er jedoch nur so viel anbauen, wie viel seine Familie und er verzehren konnten. Es bliebt nichts zum Verkauf übrig, um mit dem Einkommen andere Bedürfnisse zu decken.
„Wir hoffen, dass Kinder mindestens zwei Mahlzeiten am Tag haben“
„Die Menschen in der Region sind mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert. „Bis Ende August haben mehr als 48.000 Kinder, die am Patenschaftsprogramm teilnehmen, jeweils 58 Kilogramm Posho, ein Getreidebrei aus Maismehl und mehr als 28.000 Kilogramm Bohnen erhalten. Das reicht etwa einen Monat lang“, sagt Joseph, der für das Landesbüro Compassion Uganda arbeitet. „Es ist so wichtig, dass die Kinder genug zu essen haben. Das fördert ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden und ermöglicht eine bessere Teilnahme im Compassion-Kinderzentrum.“
Die Unterstützung durch Lebensmittelpakete ist zum jetzigen Zeitpunkt lebenswichtig. Zusätzlich möchte Compassion die Menschen durch langfristige Lösungen z.B. durch Bewässerungsanlagen, unterstützen, damit die Menschen das ganze Jahr pflanzen können.
Eli und seine Familie habe Hoffnung geschöpft durch die Unterstützung des Compassion Kinderzentrums. Er ist dankbar, dass sich das Leben seiner Tochter verändert hat und betet, dass sie eine bessere Zukunft haben wird.
Die globale Lebensmittelkrise trifft Familien weltweit und viele leiden akut Hunger.
Bericht und Fotos: Caroline A Mwinemwesigwa, Compassion Uganda
Gemeinsam können wir den Hunger bekämpfen und dazu beitragen, dass Familien mit Lebensmittelpaketen versorgt werden.