Wie Manna
Durch Konflikte, steigende Preise und extremes Wetter ist das Leben von Millionen von Menschen in Äthiopien bedroht. Hinzu kommt die weltweite Lebensmittelkrise, die viele Familien in eine Notlage treibt.
In einer Stadt im Norden Äthiopiens erzählen die Mütter Fatuma und Zere, deren Kinder am Compassion-Patenschaftsprogramm teilnehmen, ihre Geschichte und warum ihr Leben ein Kampf ums Überleben ist, aber auch vom Segen, den Gott ihnen durch die Kirche vor Ort und das Compassion-Kinderzentrum gebracht hat. Solomon, Leiter eines Kinderzentrums, gibt einen Einblick, wie die Compassion-Mitarbeiter, die am stärksten betroffenen Familien unterstützen.
Zere: „Wir waren nicht vorbereitet“
Die Stille war ohrenbetäubend, außer es waren Schüsse zu hören. An einem Samstagmorgen wachten wir auf und mussten mit ansehen, dass unsere Stadt in Flammen stand. Auch wenn wir gehört hatten, dass es Unruhen in den Nachbarstädten gab, waren wir darauf nicht vorbereitet. Die Geschäfte hatten nicht geöffnet, aufgrund der Bewegungseinschränkungen.
Wir waren abgeriegelt und keiner konnte mehr das wenige Geld, das sie besaßen, abheben. Keine Zeit, um sich mit Lebensmitteln einzudecken. Keine Zeit zu fliehen. Es war einfach zu spät!
Ich hatte Angst um unser Leben. Wie lange würde das andauern? Wo kann ich meine Kinder verstecken? Wie lange reichen die Lebensmittel? Wo könnten wir Schutz suchen? War es zu spät, es zumindest zu versuchen? Wo würde ich Geld herbekommen, um Lebensmittel zu kaufen?
Es waren so viele unbeantwortete Fragen.
Ich war so dankbar für die Unterstützung, die wir durch das Kinderzentrum erhalten haben. Sie gaben uns einen 25 Kilo-Mehlsack, den wir ein paar Tage vor den Unruhen in der Stadt bekamen. Meinen Kindern sagte ich, dass sie sich keine Sorgen machen sollten.
Zu meinem Entsetzen wurde uns eines Nachmittags alles genommen – Matratzen, Kleidung, Geschirr – und der 25 Kilo-Mehlsack, auf den ich mich verließ, um meinen Kindern etwas zu essen zu machen.
Bis zu diesem Tag war ich optimistisch. Meine Hoffnung schwand, als uns das Essen genommen wurde. Das war unsere einzige Überlebenschance.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es jemals einen Tag geben würde, an dem ich im Haus nach Essensresten suchen würde. Das Essen ging uns schnell aus. Ich kochte eine Handvoll Reis und gab meinen Kindern das Reiswasser als Suppe zum Mittagessen und den gekochten Reis zum Abendessen. Ich verschob sogar die Möbel, um nach Getreide zu schauen, das von Ratten gestohlen wurde. Ich war glücklich darüber, dass ich Linsen unter dem Bett gefunden hatte, und habe sie mit so viel Sorgfalt gekocht und meinen Kindern gegeben. Ich war verzweifelt.
Fatuma: „Was ist Geld wert, wenn ich mir davon nichts kaufen kann?“
Ich bin Mutter von neun Kindern. Zwei sind gestorben, ein Kind ist verheiratet und sechs meiner Kinder leben bei mir. Mein Mann und ich haben schon bessere Tage gesehen – wir hatten Ackerland, Vieh und ein Haus. Wir haben alles durch ein Feuer verloren. Mein Mann hat seitdem den Willen aufgegeben, nach einem besseren Leben zu streben.
Ich bin nicht dazu gemacht, im Selbstmitleid zu versinken. Mein ganzes Leben habe ich gearbeitet, um meine Kinder zu versorgen. Ich habe Diesel und Gemüse auf dem Markt verkauft, Injera gebacken (ein traditionelles äthiopisches Fladenbrot) und Wäsche gewaschen. Die Tage sind schon lange vorbei, in denen ich meine Familie mit nur 200 Birr (3,25 €) versorgen konnte.
Meine Kinder haben nach der Schule gearbeitet. Die älteren Kinder haben Plastiktüten verkauft. Mein 22-jähriger Sohn, den ich aufgrund der Unruhen verloren habe, ist Motorradtaxi gefahren, um einen Teil des Lebensunterhalts beizusteuern. Die letzten Jahre waren schwierig. Lebensmittelpreise sind drastisch gestiegen. Es ist ein Überlebenskampf.
Hinzu kommt, dass der Konflikt ein schwerer Schlag für Menschen wie uns war. Wir sind auf ein tägliches Einkommen angewiesen.
Mein 14-jähriger Sohn ist im Compassion-Patenschaftsprogramm. Wir erhalten Unterstützung durch das Kinderzentrum, und dadurch sind wir am Leben. In Zeiten wie diesen leiden größere Familien wie meine mehr als kleinere.
Mein Mann arbeitet als Wachmann und verdient 2000 Birr (32 €). Wir zahlen 1500 Birr (24 €) für die Miete. Mit sechs Kindern hält der Rest des Geldes keine Woche. Ich versuche die Lücken zu füllen, indem ich jeden Job annehme. Aber das ist nur in einem stabilen Umfeld möglich.
Es ist immer noch schwer zu glauben, wie wir überlebt haben. Elektrizität gab es nicht, deshalb mahlte ich mit einer Steinmühle den wenigen Weizen, den ich retten konnte und backte Brot für meine Kinder. Es war nie genug.
Nach dem Angriff auf die Stadt nahmen wir unser Leben wieder auf, aber erst da wurde uns das Ausmaß unserer Probleme bewusst.
Der Preis für Teff-Getreide, das wichtigste Grundnahrungsmittel, verdoppelte sich, 1 Kilo Kartoffeln und Zwiebeln wurden für jeweils 50 Birr (0,81 €) verkauft; 5 Liter Speiseöl kosteten 1100 Birr (18 €).
Das wenige Geld, das ich hatte, nahm ich mit zum Markt. Ich ging verwirrt und wütend nach Hause, mit dem, was ich mir leisten konnte. Es war ein Albtraum. Was ist Geld wert, wenn ich davon nichts kaufen kann?
Lebensmittelpreise steigen weiter. Ich kann mir nur die Hälfte oder weniger leisten als früher. Wie kann ich meine Familie versorgen, wenn mein Einkommen und die Marktpreise so auseinanderdriften?
Solomon: „Das vom Himmel gesandte Manna“
Solomon, Leiter eines Compassion-Kinderzentrums erzählt: „Wir kennen die Menschen hier im Compassion-Kinderzentrum. Es war ein Leben von der Hand in den Mund, als die Dinge noch recht gut waren. Es ist eine schwierige Zeit. Wir arbeiten, um ihre Last zu teilen.“ Solomon und die Compassion-Mitarbeiter unterstützen Familien, die von der Lebensmittelkrise schwer getroffen werden, durch die Bereitstellung von Lebensmittelpaketen.
„Die Verteilung der Lebensmittelpakete war wie Manna. Sie kamen zu einem Zeitpunkt, als wir sie dringend brauchten. Ich rief die Familien im Kinderzentrum zusammen, um ihnen die gute Nachricht zu überbringen. Es waren laute Jubelschreie zu hören. Einige weinten. Es war so, als ob sie wieder leben können. Die 50 Kilo-Säcke Getreide und 5 Liter Speiseöl wurden an die Familien verteilt. Es war wie Manna vom Himmel.“
Zere erzählt: „Nachts schlafe ich gut, weil ich weiß, dass meine Kinder etwas zu essen haben. Ich teile die Lebensmittel mit meinen Nachbarn, die ebenfalls in akuter Not sind. Ich hatte nichts, jetzt habe ich viel – all das nur, weil die Compassion-Mitarbeiter so großzügig sind. Jedes Mal, wenn ich ‚Injera‘ backe, bete ich für sie.“
Und auch Fatuma ist dankbar für Gottes Fürsorge. „Meine Welt stand Kopf durch den Mangel an Lebensmitteln für meine Familie und den Verlust meines Sohnes“, berichtet sie. „Es tröstet mich, nicht nur die Lebensmittel zu haben, sondern auch zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich um uns sorgen. Ohne die Lebensmittelpakete wären meine Kinder vielleicht verhungert. Keine Mutter könnte es ertragen, ihre Kinder hungern zu sehen.“
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