Ein Spaziergang um die Kirche herum führt zu einem Büro und mehreren Klassenzimmern eines Compassion-Kinderzentrums, die wegen des steilen Gefälles auf unterschiedlichen Ebenen gebaut sind. Momentan sind hier keine Kinder, sondern nur eine Gruppe von Freiwilligen, die sich versammelt, um alles vorzubereiten.
Es ist ein besonderer Tag, denn heute werden neue Kinder in das Compassion-Patenschaftsprogramm aufgenommen. Vor einigen Monaten hat der Leiter des Kinderzentrums, das an eine lokale Kirche angeschlossen ist, die freudige Nachricht erhalten, dass Platz für 21 neue Kinder geschaffen werden kann. Nach und nach kommen Mütter mit ihren kleinen Kindern. Viele steigen den Berg hinauf, andere folgen einem anderen Weg hinter der Kirche.
An der Seite von Kindern und ihren Familien
In Zusammenarbeit mit Compassion hat die Kirche vor Ort seit über 14 Jahren einen großen Einfluss auf die Region. Viele Familien haben dadurch Unterstützung erhalten und viele weitere wünschen sich, ein Teil davon sein zu dürfen.
Als Nery, Leiter des Kinderzentrums hörte, dass neue Kinder aufgenommen werden können, informierte er sofort die Kirchenverantwortlichen, die es in ihrer Kirche verbreiteten. Die Neuigkeiten sprachen sich in dem kleinen Ort schnell herum. Es dauerte nicht lange, bis Familien kamen, um nach weiteren Informationen zu fragen.
„Ich habe es von meiner Nachbarin gehört, deren Sohn ins Kinderzentrum geht. Sie sagte: ‚Warum meldest du deine Tochter nicht an? In der Kirche werden sie dir sagen, was du dafür brauchst.‘ Als die Mitarbeiter mir sagten, dass meine Tochter aufgenommen werden kann, hat sie sich riesig gefreut. Sie fragte nach ihrem Rucksack, damit wir ins Kinderzentrum gehen können“, erzählt Irma, Katherins Mutter.
Melvins Mutter Zoila berichtet: „Ich habe es von Leuten gehört, deren Kinder ins Kinderzentrum gehen. Was ich davon hörte, hat mein Interesse geweckt. Ich bin gleich in das Büro gegangen und habe gebeten, dass sie meinen Sohn berücksichtigen sollen.“
Jedes Compassion-Kinderzentrum folgt bestimmten Kriterien, um herauszufinden, welche Kinder für das Patenschaftsprogramm in Frage kommen. Dabei wird beispielsweise unter anderem auf das Einkommen der Familie geschaut, den Bildungsstand oder ob sie Zugang zu sauberem Wasser haben.
„Ein weiterer Compassion-Mitarbeiter und ich besuchen jede interessierte Familie. Wir versuchen, ein entspanntes Gespräch zu führen, damit sie sich nicht unter Druck gesetzt fühlen. Gleichzeitig schauen wir auf die allgemeine Lebenssituation, um die Bedingungen, unter denen sie leben, einzuschätzen“, erklärt Direktor Nery. Hausbesuche ermöglichen es, den Kontext jeder Familie besser zu verstehen.
Ein sicheres Umfeld
Viele Kinder, die neu im Patenschaftsprogramm aufgenommen werden, sind unter fünf Jahre alt. Oft begegnet Nery ihnen während eines Hausbesuchs.
Einige Meter vor der dem Haus machen sich Nery und Compassion-Mitarbeiter Francisco bemerkbar und begrüßen die Familie: „Guten Morgen“, rufen sie den kleinen Weg hinauf. Die Mutter antwortet schnell und kommt heraus, um sie zu begrüßen.
Zoila hält Melvin an der Hand. Er ist vier Jahre alt und hält sein Spielzeugauto in der Hand. Wie viele Kinder in seinem Alter, ist Melvin gegenüber den Besuchern schüchtern und bleibt nah bei seiner Mutter. Für Melvin ist es ein Tag wie jeder andere, aber nicht für seine Mutter Zoila, die ihn gerne im Patenschaftsprogramm anmelden möchte.
Nach dem Besuch bei Zoila und Melvin machen sich Nery und Francisco auf den Weg zu Irma und ihrer Tochter Katherin, die drei Jahre alt ist. Das kleine Mädchen, anders als Melvin, ist neugierig auf den Besuch.
Irma und ihre Familie leben gegenüber einer Wiese, die regelmäßig von den Mitarbeitern und Kindern des Kinderzentrums für Aktivitäten genutzt wird. Katherin hat die Kinder seit Monaten beim Spielen beobachtet und ihrer Mutter oft gesagt, dass sie mitspielen möchte.
Der erste Tag im Kinderzentrum
Jedem Kind wird mit Wertschätzung begegnet. Auch Katherin und Melvin erleben das an ihrem ersten Tag im Kinderzentrum. Ingrid, ehrenamtliche Compassion-Mitarbeiterin, und die anderen Kinder haben ein großes „Willkommen“-Schild vorbereitet. Es soll dazu beitragen, dass die Kinder sich wertgeschätzt und zugehörig fühlen.
Katherin und Melvin richten ihren Fokus auf all die spannenden Aktivitäten. Sie haben viel Freude an handwerklichen Tätigkeiten. Ingrid hat Wal-Umrisse vorbereitet, die die Kinder mit bunten Farben ausmalen können – passend zum Thema Jona und den Wal ging. Für viele Kinder ist es das erste Mal, dass sie Farben benutzen.
Sie beobachten die anderen Kinder aufmerksam, während Ingrid die Kinder bittet, einen Vers aus der Bibel zu wiederholen. Zuerst wissen sie nicht, was sie tun sollen, aber sie scheinen glücklich zu sein. Langsam gewöhnen sie sich an all das Neue.
Die neuen Kinder erhalten auch Kinderbibeln und ein Willkommensgeschenk. Auch wenn sie noch nicht lesen können, lesen die Mitarbeiter die biblischen Geschichten vor.
„Ich freue mich, weil ich gehört habe, dass sie Gottes Wort hören und lernen zu singen und die Bibel zu lesen“, erzählt Irma, Katherins Mutter. „Das ist, was ich mir für meine Tochter wünsche, wenn sie groß ist: Dass sie Teil einer Kirche ist.“
Auch die Mahlzeiten sind ein Highlight. Für viele Kinder ist es ungewohnt, an einem langen Tisch zu sitzen, aber die ausgewogenen Mahlzeiten riechen köstlich.
„Ich bin sehr froh, dass mein Sohn berücksichtigt wurde. Ich wünsche mir, dass er ein glücklicher Mensch wird und in seinem Leben Erfolg hat und hoffe, dass er etwas über Gott lernt und Spaß mit den anderen Kindern hat“, sagt Zoila, Melvins Mutter.
Die neuen Mädchen und Jungen werden sich schon bald richtig wohlfühlen. Viele Familien haben durch die lokale Kirche und das Patenschaftsprogramm neue Zuversicht geschöpft.
📷 Bericht und Fotos: Juanfer Leon, Compassion Guatemala