Die Familie erfuhr, dass Milainy und Domingo an der gleichen unheilbaren Krankheit leiden: am Marfan-Syndrom (MFS), einer genetisch bedingten Bindegewebserkrankung, die unter anderem die Lunge, die Augen, die Knochen und das Herz betrifft.
Tatsächlich haben alle seiner Kinder von Domingo das MFS geerbt. Im Lauf der Jahre wurden ihre Symptome immer schlimmer. Nach Milainy begann ihre Schwester, Mileysi, mit sechs Jahren, ihr Augenlicht zu verlieren. Ihr Bruder, Darwin mit drei Jahren. Da die ganze Familie in Not war, wurden alle drei Kinder im Compassion-Patenschaftsprogramm aufgenommen, jedoch besuchte Mileysi ein anderes Kinderzentrum als ihre Geschwister.
Domingos Tiefpunkt
Domingos Frau und Mutter der drei Kinder war erleichtert, dass alle umfassend unterstützt wurden. Als auch Domingos Augenlicht immer schlechter wurde, distanzierte sie sich emotional von der Familie. Sie vernachlässigte, ihre Kinder zur Schule und zum Kinderzentrum zu bringen. Als Domingo sein komplettes Augenlicht und seinen Job verlor, verließ seine Frau ihn.
Man merkt ihm seine Traurigkeit an, als Domingo sagt: „Die Mutter meiner Kinder hat uns verlassen, weil ich erblindet bin und nicht mehr für uns sorgen konnte. Sie verließ mich und die Kinder mit, die damals acht Jahre, fünf Jahre und ein Jahr alt waren.“

Als ihre Mutter sie verließ, brauchte Milainy dringend eine Brille. Ihre Wirbelsäule hatte sich durch die Auswirkungen des MFS bereits verformt. Da sie die Älteste war, waren ihr Vater und ihre Geschwister darauf angewiesen, dass sie die Verantwortung für den Haushalt übernahm.
„Es war eine kritische, chaotische Situation“, erinnert sich Domingo. „Meine Frau ließ mich mit allen Schulden allein. Ich hatte sogar eine Hypothek auf das Haus aufgenommen, um ihr Geld zu geben. Sie ging trotzdem. Als ich die Hypothek nicht mehr bezahlen konnte, waren wir kurz davor, das Haus zu verlieren. Auch wenn es winzig und baufällig war, schützte es uns ein wenig vor dem Regen.“
Das Haus war so winzig, dass sich die Familie darin kaum bewegen konnte, ohne gegen etwas zu stoßen. Schlimmer noch: Es war von Insekten und Ratten befallen. Es gab keine Küche und alle schliefen in einem Zimmer. Das Badezimmer bestand aus einer Latrine im Hinterhof. Domingo stürzte in eine tiefe Depression. Er fühlte sich einsam, verloren und hatte keine Kraft mehr, das Bett zu verlassen.
Was es heißt, geliebt zu werden
Milainy, Mileysi und Darwin verbrachten im Compassion-Kinderzentrum so viel Zeit wie möglich, um ihre Erkrankung und die Situation zu Hause einen Moment lang zu vergessen.
Die Drei liebten die unterschiedlichen Aktivitäten im Kinderzentrum und fühlten sich dort wohl. Wenn sie nach Hause kamen, erzählten sie ihrem Vater gerne, was sie an diesem Tag dort erlebt hatten.
„Durch meine Töchter lernte ich, zu beten und klammerte mich daran“, sagt Domingo. „Ich begann, jeden Tag zu beten, den ganzen Tag. Das machte mich zu einem dankbaren Menschen. Ich fasste neuen Mut, umarmte meine Kinder und begann, nach vorne zu schauen.“

Domingo fügt hinzu: „Ich musste meinen Charakter und meinen Glauben stärken. Ich musste meine Hoffnung auf Gott setzen, um weiterzumachen. Außerdem beschloss ich, mich mehr am Leben meiner Kinder zu beteiligen und sie zu unterstützen. Deshalb bringe ich sie zur Schule und in das Kinderzentrum.“
Das Kinderzentrum ist für Domingos Kinder nicht nur ein wichtiger Zufluchtsort. Das Kinderzentrum, das an eine lokale Partnerkirche von Compassion angeschlossen ist, unterstützt die Familie auch materiell. Die Familie erhält monatlich ein Lebensmittelpaket, und es wurde dafür gesorgt, dass Milainy eine Augen-OP, eine Brille und eine orthopädische Schiene erhielt, um ihre Wirbelsäule bis zur OP gerade zu halten. Das wurden aus einem ergänzenden Hilfsfonds „Medizinische Hilfe“ ermöglicht. Mileysi und Darwin erhielten ebenfalls eine Brille.
Wie geht’s den Geschwistern heute?
Heute ist Milainy 17 Jahre alt, Mileysi ist 14 und Darwin ist 10 Jahre alt. Die Symptome ihrer Erkrankung sind sichtbarer, aber auch ihr Glaube und ihre Hoffnung. Die Drei besuchen weiterhin das Kinderzentrum. Sie genießen die Zeit im Kinderzentrum sowie die gelegentlichen Ausflüge, die von den Mitarbeitern organisiert werden.
Diosmary, eine Mitarbeiterin des Kinderzentrums, das Darwin besucht, erzählt: „Sie sind sehr loyal. Sie sind sehr verantwortungsbewusst und man merkt gleich, wenn sie nicht anwesend sind, denn sie sind auch immer die Ersten, die kommen.“
Obwohl sie ein anderes Kinderzentrum besucht, begleitet Mileysi ihre ältere Schwester zum Kinderzentrum, weil Milainy am meisten von ihrer Krankheit betroffen ist und es für sie nicht sicher ist, allein zu gehen.
„Ich weiß und spüre, wie sehr man uns hier liebt. Obwohl ich ein anderes Kinderzentrum besuche, nennen mich hier alle beim Namen und laden mich ein, zusammen mit meiner Schwester an den Aktivitäten teilzunehmen“, sagt Mileysi.

Die drei Geschwister sind den Mitarbeitern bestens bekannt. Alle Mitarbeiter sind etwas Besonderes, weil sie in jeder Phase ihres Lebens eine wichtige Rolle gespielt haben.
„Ich habe mein ganzes Leben mit den Compassion-Mitarbeitern verbracht. Sie haben mir Dinge beigebracht, die ich sonst nicht gelernt hätte, weil ich meine Mutter nicht zu Hause habe“, sagt Milainy.
Ohne Mutter aufzuwachsen, war besonders für die Mädchen nicht einfach. Die Gespräche mit den Mitarbeiterinnen des Kinderzentrums, die Unterstützung und Ratschläge waren für Milainy und Mileysi wichtig, um jeden ihrer Lebensabschnitte zu verstehen und das Leben in vollen Zügen zu genießen. Domingo sagt, dass die Mitarbeiterinnen auch für ihn eine große Hilfe waren, da er sein Bestes tut, um seine Kinder gut zu erziehen.
„Ich bin dankbar für das Kinderzentrum. Als Alleinerziehender ist es auch oft schwierig für mich, mit Teenagern umzugehen. Sie halfen uns und zeigten uns, wie wir mit Emotionen umgehen können. Ich muss zugeben, dass die Unterstützung über materielle Dinge hinausgeht. Im Kinderzentrum und in der Kirche geben sie uns die Dinge, die das Leben meiner Kinder wirklich verändern werden. Das ist von unschätzbarem Wert“, betont Domingo.
Blick in eine gute Zukunft
Die Unterstützung mit Lebensmitteln, Medikamenten, Brillen und Nachsorge ist für die Kinder von Domingo gleichgeblieben wie am ersten Tag. Milainy muss derzeit Augentropfen verwenden. Wenn sie diese nicht nutzen würde, würde das zu einem höheren Blutdruck in ihren Augen führen. Das wiederum hätte Übelkeit, Schwindel, Migräne und verschwommenes Sehen zur Folge.
Alle drei haben ihre Zuversicht behalten. Sie bemühen sich, in der Schule erfolgreich zu sein und träumen von ihrer Zukunft.
Milainy ist derzeit in der sechsten Klasse der High School und möchte Buchhalterin werden. Mileysi ist im zweiten Jahr der High School und möchte Spanischlehrerin werden. Darwin geht in die fünfte Klasse der Grundschule. Er zeichnet gerne, hat Spaß an Mathematik und möchte Baseballspieler werden.

Auch wenn Domingos Familie umfassend unterstützt wird, will er nicht nur von dem Leben, was ihm vom Kinderzentrum zur Verfügung gestellt wird. Jeden Tag steht er auf und geht von Haus zu Haus, in Begleitung von Mileysi oder Darwin – manchmal auch allein – und verkauft Reinigungsmittel, um den Lebensunterhalt für seine Familie zu verdienen.
Anyeri, Mitarbeiterin des Kinderzentrums, erzählt: „Wenn sie ins Kinderzentrum kommen und um Hilfe bitten, habe ich sie noch nie traurig oder unglücklich gesehen. Die Art und Weise, wie sie um Unterstützung bitten, zeugt von Respekt und Demut. Sie integrieren sich und leben wie jede andere Familie. Es ist unglaublich, welche Bewunderung und welchen Respekt wir für Domingo und seine Familie empfinden.“

Die Vaterschaft gibt Domingo weiterhin einen Sinn. Alles, was er tut, tut er zum Wohle seiner Kinder.
„Ich fühle mich als Vater dazu verpflichtet, mich um meine Kinder zu kümmern“, sagt er. „Ich möchte, dass meine Kinder einen guten Weg einschlagen. Das Kinderzentrum bietet ihnen viele Möglichkeiten und trägt zu ihrer Entwicklung bei. Ich bin und werde dafür immer sehr dankbar sein.“
Die drei Geschwister sind ein lebendiges Beispiel dafür, wie sich Menschen zusammenschließen und sich an ihre Seite stellen, um sie zu begleiten und zu fördern, damit sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten können.
Das Marfan-Syndrom ist unheilbar, aber das hält die Familie von Domingo nicht auf. Durch ihren Zusammenhalt und die Unterstützung der lokalen Compassion-Partnerkirche sieht die Familie voller Zuversicht in die Zukunft.
Fotos und Bericht: Yrahisa Mateo, Compassion Dominikanische Republik