Ein Funke Hoffnung
Nach einem langen Tag kehrt Biritu aus Äthiopien zu ihren zwei Kindern zurück. Sie hat Feuerholz gesammelt und verkauft. Ihre Kinder sind elf und sechs Jahre alt. Sobald Biritu zu Hause ankommt, bringen ihre Kinder ihr einen kleinen Hocker, damit sie sich an die Feuerstelle setzen kann. Die Kinder folgen ihr auf Schritt und Tritt und warten darauf, dass ihre Mutter beginnt, das Abendessen vorzubereiten.
Biritu fällt es schwer, ihre Kinder ausreichend zu versorgen. Ihr Mann hat die Familie verlassen. Er war der Hauptverdiener. Biritu kümmerte sich um den Haushalt und die Kinder. Jetzt fehlt das Geld, dass ihr Mann für die Familie verdiente.
Täglich ein Abendessen für ihre Kinder zu kochen, ist plötzlich eine große Herausforderung für Biritu: Alleinerziehend, die hohe Inflation und fehlende Arbeitsmöglichkeiten – all das erschwert Biritus Leben. An manchen Abenden bleibt der Kochtopf leer.
„Die momentane Situation macht mir große Sorgen. Ich schaffe es nicht, meine Kinder ausreichend zu versorgen“, erzählt Biritu.
„Das war immer meine Angst. Wenn ich abends nach Hause gehe, wird mir ganz schwer ums Herz. Allein die Vorstellung, dass meine Kinder darauf warten, dass ich für sie koche, machen den Heimweg mühsam.“
An einem normalen Tag verdiente Biritu etwa 50 Birr (0,91 €) durch den Verkauf von Feuerholz. Ein Kilo Mehl kostet jedoch 65 Birr (1,18 €), ein Kilo Kartoffeln etwa 19 Birr (0,35 €) und ein Kohlkopf etwa 45 Birr (0,82 €). Das sind Lebensmittel, die sich Biritu regelmäßig leisten konnte, aber nicht alle gleichzeitig. Sie schaute, wie viel sie an einem Tag verdient hat und wählte die Lebensmittel danach aus. Teff, ein Grundnahrungsmittel in äthiopischen Haushalten, ist für die meisten Familien längst unerschwinglich geworden.
Wie viele Menschen ist Biritu auf das tägliche Einkommen angewiesen. Das wenige Geld, das sie verdient, kann mit den steigenden Preisen auf dem Markt nicht mithalten. Die wenigen Lebensmittel, die sich Familien leisten können, reichen meist nicht aus, um eine Familie mit Frühstück, Mittag- und Abendessen zu versorgen.
Meklit ist Sozialarbeiterin in einem Compassion-Kinderzentrum in Äthiopien. Dort nimmt Biritus Tochter am Compassion-Patenschaftsprogramm teil. Meklit sagt:
„Viele Familien haben aufgrund der hohen Inflation und des Mangels an Arbeitsmöglichkeiten zu kämpfen.
Wir haben je nach Bedarf der Familien versucht, zu priorisieren und der akuten Not zu begegnen. Es war jedoch nicht immer einfach, den notwendigen Bedarf und die vorhandenen Ressourcen in Einklang zu bringen. Viele sind in einer verzweifelten Lage und Biritus Familie zählt dazu. Sie erhielt während des COVID-19-Lockdowns und auch danach Lebensmittel, die ihre Familie versorgten. Die steigenden Lebensmittelkosten bringen viele Familien weiterhin in eine Notlage.“
Hoffnung in hoffnungslosen Zeiten
Aus lauter Verzweiflung wollte Biritu ihrem Leben ein Ende setzen. „Ich konnte es nicht mehr ertragen, in die erwartungsvollen Augen meiner Kinder zu schauen und dabei zuzusehen, dass sie hungrig ins Bett gehen müssen“, sagt Biritu. „Ich wollte das Elend einfach beenden.“ Im entscheidenden Moment erinnerte sich Biritu daran, dass sie nicht allein war. Sie erinnerte sich an die Mitarbeiter des Compassion-Kinderzentrums, die ihr immer zur Seite standen. Sie erinnerte sich daran, dass sie durch Compassion Unterstützung bekommen könnte. Nur ein paar Tage nach diesem Erlebnis erhielt Biritu unerwartete Neuigkeiten vom Compassion-Kinderzentrum.
„Ich weinte vor Freude, als sie mir erzählten, dass ich 50 Kilo Mehl und Speiseöl erhalte“, erzählt Biritu. „Ich zittere immer noch, wenn ich daran denke, dass ich fast aufgegeben habe.
Ich bin Gott so dankbar, dass ich daran erinnert wurde, dass ich nicht allein bin.“
Die Mitarbeiter der Compassion-Kinderzentren der lokalen Partnerkirchen verteilten Lebensmittelpakete an die Familien, die besonders unter den Auswirkungen der Lebensmittelkrise litten. „Für mich persönlich war es eine Gebetserhörung. Eine Bestätigung, dass Gott die Schreie der Bedürftigen erhört“, sagt Meklit. „Die Inflation hatte den Markt destabilisiert. Es ist unmöglich, der Not aller, die von der Lebensmittelkrise betroffen waren, zu begegnen. Wir sind für die Unterstützung sehr dankbar.“
„Die Bereitstellung von Lebensmitteln ist eine große Erleichterung für die Familien. Die Tragweite dieser Krise ist für viele unerträglich geworden. Wir sind dankbar, dass wir in dieser Zeit an der Seite der Kinder stehen können“, so Eshetu, Leiter eines Kinderzentrums.
Der Heimweg ist für Biritu leichter, seit ihre Kinder und sie Unterstützung bekommen. Ihre Kinder spüren, dass sie geliebt werden – von ihrer Mutter, von den Compassion-Mitarbeitern und den vielen Compassion-Unterstützern weltweit.
Biritu ist zuversichtlich: „Ich bin voller Frieden. Die Abende sind gefüllt mit Lachen und meine Kinder wissen, dass es am Abend etwas zu essen gibt. Manchmal haben meine Kinder noch das Gefühl, dass sie nicht so viel essen sollten. Sie haben Angst, dass uns das Essen ausgeht. Es bricht mir das Herz, wenn die Kinder so besorgt sind. Aber ich habe jetzt immer einen Funken Hoffnung, weil ich weiß, dass ich nicht allein bin.“
Bericht und Fotos: Tigist Gizachew, Compassion Äthiopien