Auch mein Bruder ist wichtig
Donatiens Wunsch
Menschen, die in Armut leben, können sich keine gute Ausbildung leisten, um einen soliden Beruf zu erlernen. Damit Kinder wie Thidaporn von einer besseren Zukunft träumen können, müssen große Herausforderungen überstanden werden.
Um den Widrigkeiten entgegenzutreten, braucht es innere Stärke. Ermutigung findet Thidaporn durch die Worte in den Briefen ihres Paten.
„Ich erinnere mich an einen Satz meines Paten, wenn ich mich in der Schule schwertue und das Gefühl habe, aufzugeben. Er sagte: ‚Wenn du erwachsen bist, wirst du auf deine Schulzeit zurückblicken und über diese Zeit lachen‘“, erzählt Thidaporn.
Thidaporns Traum ist es, beruflich im medizinischen Bereich Fuß zu fassen. Um das zu erreichen, müssen ihre Noten sehr gut sein, und ihre Eltern müssen ein sehr gutes Einkommen haben.
Die Studiengebühren an der medizinischen Fakultät, um Medizin zu studieren, liegen zwischen 10.236 und 168.893 US-Dollar. Das beinhaltet jedoch nicht die Kosten für den Lebensunterhalt oder Materialien. Kein Kind, das in Armut aufwächst, kann dies aus eigenen finanziellen Mitteln bezahlen. Nur wer eines der fünf besten Prüfungsergebnisse des Landes erzielt, kann ein Vollstipendium vom König erhalten. Die meisten Kinder bereiten sich darauf vor, indem sie von klein auf für einen Nachhilfelehrer bezahlen.
„Die herausforderndste Zeit in einem Leben war das letzte Jahr in der Schule. Die Prüfungen waren schwer. Ich musste sogar nachts lernen, viel lesen und meine Hausaufgaben machen“, erzählt die 18-Jährige. Sie musste mit anderen Schülern aus ihrem Teil des Landes konkurrieren, um genug Punkte zu sammeln, um im medizinischen Fachbereich aufgenommen zu werden.
Der Schmerz der Familie
Monate später verschlechterte sich Pierres Gesundheitszustand drastisch – er lag im Sterben. Bei seiner Geburt hatte Pierre einen kleinen Knubbel auf seiner rechten Wange. Die Ärzte diagnostizierten einen Tumor und sagten, dass er sofort behandelt werden musste und eine OP brauchte. Afi und ihr Mann konnten den medizinischen Eingriff nicht bezahlen.
Während Pierre heranwuchs, wurde der Tumor immer größer und verformte sein Gesicht. Er hatte Schmerzen, es hinderte ihn am Sprechen und machte ihn bewegungsunfähig.
Donatien war verzweifelt, so wie der Rest seiner Familie. „Dann starb mein Vater, der Gesundheitszustand meines Bruders verschlechterte sich und wir konnten ihn nicht retten. Ich hatte panische Angst“, sagt er unter Tränen.
Die Sorge um Pierre wurde der Fokus der ganzen Familie. Donatiens Schulausbildung und die Teilnahme im Kinderzentrum rückten deshalb mehr und mehr in den Hintergrund. Seine Geschwister und er hatten das Gefühl, dass sie nirgendwo hingehen konnten. Afi erzählt: „Sie hatten Angst, dass ihr Bruder sterben könnte, wenn sie draußen waren.“
Wenn Donatien heute über diesen Moment redet, vergießt er immer noch Tränen. „Als Pierre krank war, hörte ich auf regelmäßig ins Kinderzentrum zu gehen, weil ich mir immer Sorgen machte. Ich kam einfach nicht zur Ruhe.“
Afis ältester Sohn, der Tagelöhner ist, wurde zum Hauptverdiener der Familie. Donatiens Mutter hörte auf zu arbeiten, um sich ständig um Pierre kümmern zu können.
Angst, Schmerz, Verzweiflung und Tränen ergriffen die Familie, als Pierres Wange zu zerfallen begann. Alle glaubten, dass Pierre nicht mehr lange zu leben hatte. „Manche Leute sagten mir, dass ich ihn lebendig begraben solle, um mich zu entlasten. Sie glaubten, dass er nicht überleben würde“, sagt Afi.
Pierres Leben retten
Die Mitarbeiter des Kinderzentrums bemerkten Donatiens verändertes Verhalten. Er wurde schüchtern, zog sich zurück und kam nicht mehr ins Kinderzentrum. Wenn er auf Fragen antworten sollte, warum seine Mutter nicht bei den Elterntreffen war, hatte er Tränen in den Augen.
„Mein kleiner Bruder ist krank, darum kommt meine Mutter nicht. Sie kann ihn nicht allein lassen“, sagte meistens.
„Was für eine Krankheit kann das sein, dass die Mutter nicht das Haus verlassen kann?“, fragte sich Daniel, der Leiter des Kinderzentrums.
Als einige Mitarbeiter Donatiens Familie besuchten, waren sie schockiert. Sie wollten die Familie unbedingt unterstützen. Sie wandten sich sofort an das Compassion-Landesbüro in Togo, damit sie die Kosten für die medizinische Behandlung für Pierre übernehmen können.
Pierres Zustand war lebensbedrohlich. Die Auswirkungen auf Donatien und seine gesamte Familie lagen auf der Hand. „Pierre hatte großes Glück. Eigentlich brauchen Ausnahmeregelungen immer etwas länger. Wir erhielten aber schon nach einigen Tagen grünes Licht für seine Behandlung“, erzählt Godwin, Sozialarbeiter im Compassion-Kinderzentrum.
Im Krankenhaus sagten die Ärzte, dass es für Pierre zu spät für eine OP sei. Ihm wurden verschiedene Medikamente verschrieben, um die Wunden zu heilen, die Schwellung in seiner Wange zu lindern und zu verhindern, dass der Tumor größer wird.
Er ging zu Nachfolgeterminen, bis – zur großen Erleichterung seiner Familie – seine Wange geheilt war.
Donatiens größte Freude
Die ganze Familie ist für die umfassende Unterstützung so dankbar. Donatien ist wieder zur Ruhe gekommen. Er ist fröhlich und schließt neue Freundschaften im Kinderzentrum. Seine Schulaufgaben haben wieder Priorität und er kann sich im Unterricht konzentrieren, weil er nicht ständig an seinen Bruder denkt.
Auch sein Pate spielt eine wesentliche Rolle. Er war es, der ihn in seinen dunkelsten Momenten ermutigt hat. „Ich habe noch nie so viel Aufmerksamkeit bekommen. Mein Pate ist eine große Bereicherung für mein Leben“, erzählt Donatien nun und ist dankbar, dass er am Compassion-Patenschaftsprogramm teilnehmen kann. Aber am meisten freut er sich darüber, dass sein Bruder medizinisch versorgt werden konnte, als er es am dringendsten brauchte.
„Ich mache mir keine Sorgen mehr, denn meinen Bruder geht es gut“, so der 13-Jährige. „Mein Bruder ist mir so wichtig und ich freue mich, dass er am Leben ist. Mein Bruder war auch den Mitarbeitern des Compassion-Kinderzentrums wichtig.“
Afi, Donatiens Mutter, teilt seine Dankbarkeit und findet folgende Worte: „Wenn es das Kinderzentrum nicht gegeben hätte, wäre mein Sohn heute nicht mehr am Leben.“
📷 Bericht und Fotos: Akpene Gabriella Samaty, Compassion Togo