Kinderschutz und Kinderrechte erklärt
Ayinshutis Geschichte ist kein Einzelfall. Fast ein Milliarde Kinder im Alter von 2 bis 17 Jahren wurden 2022 laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation Opfer körperlicher, sexueller oder emotionaler Gewalt oder erlebten Vernachlässigung.i Als ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft müssen Kinder und Jugendliche vor jeglicher Form von Missbrauch, Vernachlässigung und Kriminalität geschützt werden. Ein wichtiger Schritt dahin war die Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonventionen im Jahr 1989.
Was ist Kinderschutz?
Kinder verdienen es, mit Respekt, Würde und Wertschätzung behandelt zu werden. Wenn sie in einer sicheren Umgebung aufwachsen, haben sie die Möglichkeit, sich zu entwickeln und lernen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Und darum geht es beim Kinderschutz: Bedingungen zu schaffen, in denen Kinder in einer sicheren Umgebung aufwachsen können. Die Auswirkungen von Ausbeutung, Gewalt oder Missbrauch spüren Kinder ihr Leben lang. Es ist deshalb wichtig, präventive Maßnahmen zu ergreifen. Gefahren können Kinder häufig noch nicht richtig einschätzen. In den Compassion-Kinderzentren werden sie in altersgerechten Schulungen auf Gefahrensituationen aufmerksam gemacht. Ihnen wird beigebracht, wie sie sich verhalten und wo sie Hilfe finden können.
Cesia ist Kinderschutzbeauftragte bei Compassion Mexiko. Ihre Aufgabe besteht darin, die lokalen Compassion-Partnerkirchen in Fragen des Kinderschutzes zu schulen und zu beraten. „Ich vermittle den lokalen Partnerkirchen, wie Kinder vor Übergriffen geschützt werden können und schule sie ebenfalls darin, wie sie betroffene Kinder begleiten und unterstützen können“, erzählt Cesia. „Dazu zählt auch zu schauen, wie die Mitarbeiter sicherstellen können, dass sich jedes Kind wertgeschätzt fühlt und sie die Compassion-Kinderzentren als sicheren Ort erleben. All das soll dazu beitragen, dass Kinder, Familien und ihr Umfeld auf den Schutz von Kindern aufmerksam gemacht werden.“
Da Kinder für ihre Rechte nicht oder noch nicht selbständig eintreten können, sind für den Schutz von Kindern in erster Linie die Eltern bzw. die erziehungsberechtigten Personen verantwortlich.ii Allerdings sollen auch rechtliche Regelungen und Maßnahmen eines Staates sowie von nichtstaatlichen Institutionen dazu beitragen. Dieser Schutz erstreckt sich über alle Lebensphasen eines Kindes.iii Jedoch unterscheiden sich die Maßnahmen und Regelungen zum Kinderschutz von Land zu Land, und damit auch ihre Umsetzung.
Was sind Kinderrechte?
Unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit besitzt weltweit jedes Kind die gleichen Rechte. Diese Gleichberechtigung und alle weiteren Rechte der Kinder sind in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben, die 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Fast alle UN-Mitgliedstaaten haben die Konvention ratifiziert, darunter Deutschland 1992.iv Damit erkennen sie die besonderen Bedürfnisse und Interessen von Kindern bis zum 18. Lebensjahr an. Und: Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich zum Schutz und zur Unterstützung der Kinder.v
Vielerorts wird dem Kinderschutz noch zu wenig Beachtung geschenkt, wie auch Carlos, Leiter eines Kinderzentrums in Honduras, beobachtet: „Kinderschutz war in unserem Ort keine Priorität. Kinder wurden vernachlässigt und waren allen Formen von Missbrauch und Gewalt ausgesetzt. Wir haben uns dazu verpflichtet, eine Stimme für die Kinder zu sein und die Menschen vor Ort darauf aufmerksam zu machen, dass Kinder wichtig sind und damit auch ihre Rechte.“
Die 54 Artikel der UN-Kinderrechtskonventionen lassen sich in drei Bereiche gliedern: Recht auf Schutz, Recht auf Förderung und Entwicklung sowie Recht auf Beteiligung.vi Das bedeutet, dass Kinder und Jugendlich z. B. das Recht haben, ohne Gewalterfahrung heranzuwachsen, egal ob in der Schule, zuhause oder im Internet. Kinder haben auch das Recht, zum Arzt zu gehen, um gesund aufwachsen zu können. Denn Kinder haben in den Bereichen Gesundheit, Ernährung oder Bildung besondere Bedürfnisse.
„Ich wusste nicht, dass ich ein Recht auf Bildung, ein Zuhause oder medizinische Versorgung habe, bis ich im Kinderzentrum etwas über die Rechte von Kindern gelernt habe“, erzählt die 13-jährige Lesly aus Honduras. Der 15-jährige Yattensy fügt hinzu: „Ich habe gelernt, dass Kinder das Recht haben, zu spielen und an kulturellen oder künstlerischen Angeboten teilzunehmen, um sich gut zu entwickeln.“
Kinderrechte werden verletzt
Die 54 Artikel des internationalen Übereinkommens der UN-Kinderrechtskonvention sind keine Garantie dafür, dass Kinderrechte weltweit eingehalten werden.
Mahlzeiten, Bildung oder Zugang zu medizinischer Versorgung werden für Familien in Armut zum Luxusgut: Denn der spärliche Verdienst der Eltern reicht nicht einmal für die lebensnotwendigen Dinge. Kinder machen laut der Weltbank mehr als die Hälfte der Menschen aus, die in extremer Armut leben.vii
Wenn Kinder nicht genug zu essen haben, ist oft eine Kettenreaktion die Folge: Sie laufen Gefahr an Mangelernährung zu leiden oder können sich im Schulunterricht nicht konzentrieren. Das kann zu schlechten Schulleistungen, einem schlechten oder gar keinem Schulabschluss führen und das raubt die Chance auf einen guten Arbeitsplatz. Den Kreislauf der Armut zu durchbrechen, grenzt da an ein Wunder.
Sie sind auch einem höheren Risiko ausgesetzt, Opfer von körperlicher, sexueller oder emotionaler Gewalt sowie Ausbeutung oder Vernachlässigung zu werden. Viele Mädchen und Jungen in Armut arbeiten unter menschenunwürdigen und gefährlichen Bedingungen. Sie schuften zum Beispiel auf Feldern oder in Minen, landen in der Prostitution oder sind Bandenkriminalität ausgesetzt. Körperliche, sexuelle oder emotionale Gewalt ist für sie eine ständige Gefahr. Mädchen sind oft Diskriminierung ausgesetzt, zum Beispiel in Form von weiblicher Genitalverstümmelung oder Kinderehen.
Was tut Compassion für den Schutz von Kindern?
Damit Mädchen und Jungen zu starken Persönlichkeiten heranwachsen können, brauchen sie vertrauensvolle Erwachsene, die sie begleiten und einen sicheren Ort, an dem sie lernen, spielen und sich entwickeln können.
In den Compassion-Kinderzentren werden die Kinder und Jugendlichen in altersgerechten Schulungen auf Gefahrensituationen aufmerksam gemacht.
Sie lernen, wie sich verhalten können und wo sie Unterstützung finden, wenn sie Opfer oder Zeuge von Gewalt oder Ausbeutung werden. Darüber hinaus wird zum Beispiel in jedem Kinderzentrum und in jedem Compassion-Büro mindestens ein Kinderschutzbeauftragter ernannt.
Um auch die Kommunikation zwischen Kindern und Paten bestmöglich zu schützen, erfolgt der Kontakt ausschließlich über die Compassion-Kanäle. Auch Patenbesuche beim Patenkind erfolgen unter bestimmte Richtlinien. Der Besuch muss zum Beispiel mindestens acht Wochen vor Antritt der Reise im Büro von Compassion Deutschland angemeldet werden. Ein Compassion-Mitarbeiter vor Ort wird den organisierten Besuch begleiten.
Mehr zum Thema und unseren Richtlinien:
i World Health Organization, Violence against children (2022), in: who.int, https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/violence-against-children#:~:text=Globally%2C%20it%20is%20estimated%20that,the%20past%20year%20(1), letzter Zugriff, 03.06. Juni
ii Forum Verlag, Kinderschutz in der Kita und anderen Einrichtungen: Arten, Konzept und gesetzliche Grundlagen (2023) in: forum-verlag.com, https://www.forum-verlag.com/blog-bes/kinderschutz#definition, letzter Zugriff: 03.06.2024
iii Ebd.
iv Deutsches Kinderhilfswerk, Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, in: kinderrechte.de, https://www.kinderrechte.de/kinderrechte/un-kinderrechtskonvention-im-wortlaut, letzter Zugriff: 03.06.2024
v Deutsches Kinderhilfswerk, Der Aufbau der UN-Kinderrechtskonvention, in: kinderrechte.de, https://www.kinderrechte.de/kinderrechte/aufbau-der-konvention, letzter Zugriff: 03.06.2024
vi Ebd.
vii World Bank, Overview, in: worldbank.org, letzter Zugriff: 03.06.2024