31.07.2020 |
Stimmen der Krise: Dr. Fredy Orellana in El Salvador
Ärzte und Pflegekräfte sind den Gefahren der Virusübertragung in besonderem Maße ausgesetzt: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) machen Beschäftigte im Gesundheitssektor inzwischen rund zehn Prozent aller weltweiten Corona-Fälle aus.1 Heute kommt einer von ihnen zu Wort.
„Manchmal habe ich Angst. Aber gleichzeitig bin ich glücklich! Ich habe das Vorrecht, meinen Mitmenschen im Krankenhaus zu dienen und alles zu tun, was nötig ist, um ihnen bei der Heilung zu helfen“, sagt der Mann im weißen Kittel und lächelt.
Dr. Fredy Orellana ist 26 Jahre alt und war früher Patenkind im Compassion-Programm. Bei seiner Arbeit in einer der größten städtischen Kliniken in El Salvador bekommt er seit März aus nächster Nähe mit, wie ernst Covid-19 ist, weil regelmäßig Menschen mit gefährlichen Atemwegskomplikationen eingeliefert werden. Auf der Station für akut-respiratorische Infektionen erlebt er mit, dass das Virus Menschen jeden Alters und in jeder körperlichen Verfassung gefährlich werden kann.
„Wenn Patienten mein Sprechzimmer betreten und mich in meiner Schutzausrüstung sehen, bekommen sie Angst. Es wird Ihnen bewusst, dass ihre Erkrankung ein Risiko für andere ist“, erzählt er. „Ich versuche, Sicherheit auszustrahlen, damit sie unbefangen ihre Symptome schildern können.“
„Wir nehmen alle Symptome gründlich auf, um Covid-19 ausschließen zu können“, fährt Dr. Orellana fort. „Im Gespräch mit den Patienten betone ich, wie wichtig es ist, die Präventivmaßnahmen zu befolgen. Wir müssen einander schützen – auch wenn wir nicht wissen, ob wir erkrankt sind.“
Fredy und seine vier Geschwister wurden von seiner alleinerziehenden Mutter und seinem Großvater aufgezogen. Er hat eine besondere Beziehung zu den älteren Patienten, weil sie ihn an die Liebe und Fürsorge seines Großvaters erinnern, als er noch ein Kind war. „Einen älteren Patienten zu sehen, erfüllt mich mit Mitgefühl, und ich versuche, gerade älteren Menschen die bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen.“
Dabei stehen ihm nicht die Möglichkeiten europäischer Krankenhäuser zur Verfügung. „Ich schaue unter den wenigen Ressourcen, die wir haben, wie Vitamine oder Eisenpräparate, nach etwas, das ich ihnen mitgeben kann. Ich versuche, das Beste weiterzugeben, was mir zur Verfügung steht.“
Fredy Orellana führt es auf die Unterstützung der Kirchengemeinde mit ihrem Kinderzentrum und auf seine Paten zurück, dass er heute Arzt ist. „Mit den Mitarbeitern im Kinderzentrum und meinen Paten, die ich seit meinem zwölften Lebensjahr hatte, hatte ich eine Familie, die mir geholfen hat, das Patenschaftsprogramm und nun meine medizinische Ausbildung abzuschließen.“
Für den jungen Arzt ist die Corona-Pandemie eine Gelegenheit, etwas zu Gottes Ehre zu tun, indem er anderen hilft. „Ich hätte aufgrund der finanziellen Situation meiner Familie keinerlei Chance gehabt, jemals hier zu sein“, sagt er. „Aber meine Paten haben nie aufgehört, mich zu unterstützen und zu ermutigen.“ So konnte er nicht nur die Schule, sondern auch ein Medizinstudium erfolgreich beenden – und kann nun anderen helfen.
Bericht und Bilder: Alejandra Zuniga, Compassion El Salvador